René Crevel über Lautréamont

Une porte s’ouvrait sur la mer. Maldoror. Aurore du mal. Vésuve du matin, et cette fraîcheur criminelle des algues dans la chaleur même du volcan. Alors nous avons connu le règne des choses disproportionnées. Une porte spontanément s’ouvrait sur la mer. Lautréamont fut au seuil de la bouleversante amitié que je n ‚ai pu m’empêcher de vouer à des hommes

20 Gedanken zu „René Crevel über Lautréamont“

  1. Eine Tür öffnete sich aufs Meer. Maldoror. Bad door. Morgenröte des Müsli des Bösen. Anhäufung von Wortspielen in verschiedenen Sprachen. Ahem. Morgenröte des Bösen, Vesuv der Frühe, und jene kriminelle Frische der Algen mitten in der Hitze des Vulkans. Also kannten wir das Reich der disproportionierten Dinge. Eine Tür öffnete sich auf Anhieb auf das Meer. Lautréamont war auf der Schwelle der umwerfenden Freundschaft, die ich mich nicht aufhalten konnte, den Menschen zu widmen

  2. Ich frage noch einmal: Waren die Surréalisten den Dingen holder als den Menschen? Apunkt wittert Gaslaternen-Vampyrismus. Was ist das, das Gegenteil von einem Laternenanzünder? Schwankes Unlicht, die Krempe.
    Und die Psychologie wäre eine Sandrose, mathematisches Produkt der Sterne. Eine kalte Welt, in der der Surréalist naturgemäß mit unmäßiger Sehnsucht einem Glühen auf der Spur ist.
    Man wäre, als Pioniere, so vertraut und kosend unter einander wie als unter Göttern, und so nähmen die Dinge die Stelle von Menschen ein.

    Also frage ich: Wie groß war denn die Tür?

    Und diese andre Tür, die Kellertür unter dem Fluss, führt sie auch da hin? Ist da ein Lager? Ein geheimes Sommerlager für verbotene Dinge – für SUBTILES?

  3. Vampyrismus ist es nicht, was Apunkt „witterte“, er stellte ihn fest. Seiner Witerung nach ist die Frage nach Türgrößen, dem Blutlecken einer Fledermaus sehr viel ähnlicher, als das Manteltragen junger Männer bei Gaslaternenlicht. Der Surrealismus ist schlechthin die Einsicht in den eigenen Vampyrismus; was war anderes das Geschrei bei Lautreamont, den sie zu bestehlen sich ja rühmten? Es kommen sich hier also zwei Vampirismen ins Gehege. Wenn man sich die Mhe gibt, kann man sie voneinander trennen. Dann hat man den einen: positiv – ironischen, der Mantel und Dunkelheit als Ambiente versteht und zu benutzen weiß sowie den negativ – verneinenden, der nicht aus der Reserve seines regelmäßigen Vorbehaltes herauskommt. Letzterer greift naturgemäß – gerne an jenen.

  4. die tür, würd ich sagen, war groß genug einen menschen zu entlassen, ein sarg auf kante etwa reichte aus. ein schlupf, wenn man sich buckeln würde auch. doch müsste man nicht vielmehr fragen, wie tief sie war, die tür? wärs ein tor gewesen, wären die fünf finger durch sie durchgegangen, auch durch die geschlossene, da sie aber tür war: nicht.

    die surrealisten, waren sie den dingen holder? anfangs hold war breton – nadja. später immer weniger. was aber konnten sie den dingen nehmen? ich schlage das fette rote buch des surrealistischen gedichts irgendwo auf, und überall sind dinge. sie sind dem automatismus unter die feder geeilt. man könnte sagen, sie wimmeln. stellenweise wimmeln sie dumm um alte notate herum wie um ein aas. meine augen finden keinen halt, dann lese ich die zeile: „ach, wärs doch auch für sie die tür der liebe.“

    worin bestünde der vampirismus an den dingen, oder sind die dinge innerlich beteiligt? denke ich an ein dummes beispiel, dann an die zerflossenen uhren vielleicht, die stöcke und schubladen, vor braun schmachtenden flächen, die man nicht mehr sehen will. oder ich frage mich, ist es herzlos zu konstatieren, dass blecher, in die unbeweglichkeit gezwungen, den dingen so nah kommt, fiebrig nah ihrer inneren aufladung?

  5. dinge im traum. vielleicht. welche dinge? dinge, psychisch durchwirkt. als seien es nur noch requisiten der deutung, ohne jede eigengesetzlichkeit. gelenke, winkel, gerüste – im austausch. wäre das die vampiristische behandlung? dass sie eingespannt sind, bis zur durchsichtigkeit? und, was sieht man, wenn man sie sieht?

    4. traum (von alexander freud, dem jüngeren bruder)

    „ich gelange in einen vorraum, in welchem lange reihen von oberkleidern hängen. ich traue mich wegen irgend eines defectus an meiner beschuhung, der mir im traum ganz deutlich ist, nicht einzutretene. dr. königstein sagt mir beruhigend: man sieht ja Nichts. ich verstecke geschickt den defect und sage laut: mundus vult decipi.“

    (..)

    aus den erläuterungen: „dr. königstein sagt beruhigend: man sieht ja Nichts; dr. königstein, der hoch geehrte freund der familie, besonders meines bruders sigmund, ist augenarzt; wenn er sagt „man sieht Nichts“, sieht man wirklich Nichts, ich kann also beruhigt weiter gehen.“

  6. wie sind ärtzte? ujvary über ihren chirurgen: ein strizzi. mein orthopäde – vielleicht doch nützlich: ein dubioser typ, der milchkaffe schlürft, weiß herumschlurft und man erzählt ihm von seinen schmerzen und er macht einen cocktail mit schirmchen, neben dem ellbogen laufen softpornos, kurz, jemand, der den schmerz abschafft, indem er ihn nicht aufnimmt, sondern etwas ganz ungeeignetes im tausch dafür hergibt. eine kinderklemmranze aus plastik und eine kleinpackung eißekäfer.
    wie eine landschaft, die man beschimpfen kann und sie fährt ungerührt fort, zu blühen, zu schneien. FOTZE NATUR! souveränes schweigen. FOTZE NATUR! souveränes schweigen. FOTZE NATUR! souveränes schweigen. FOTZE NATUR! souveränes schweigen.
    das lernen die ärtzte beim anatomiekurs, sagt die medizinstudentin. nein, beim ausgehen, vom strass.

  7. nun ja, wie sind ärzte? mir gefiel in jenen traumerläuterungen die annahme, dass es im zweifelsfall des sehens und gesehenswerdens, ein augenarzt ist, der definitiven aufschluss darüber gibt, ob man etwas sieht oder nichts. die junge optikerin von heute nachmittag konnte mir nur sagen, dass mein linkes auge gerade noch 50 prozent sehstärke habe, da das aber nicht korrigierbar sei, jedenfalls nicht von ihr, mache das nichts. neue gläser seien nicht nötig. aber vielleicht eine sonnenbrille? also ließ ich mir eine sonnenbrille für mehrere millionendollar zusammensetzen und kann sie in 10 bis 14 tagen abholen. das war gut. ein andrer arzt, den ich zuweilen aufsuche, schielt so fürchterlich, dass man immer denkt, es sei eine weitere person im behandlungszimmer, die sich links hinter mir befindet und die er fortwährend fixiert. dieser arzt versucht sehr sehr sehr locker zu sein, er ist aber eigentlich ein witz. aber dass er so deutlich ein witz ist, macht ihn sympathisch, mir zumindest, etwa so wie man für den schlechtesten hochstapler der welt zärtlichkeit empfinden könnte, und da man dort außerdem nie warten muss, geh ich immer wieder hin. in dem hässlichen melanie-klein-buch las ich gestern etwas von dem „subjekt, dem man wissen unterstellt“, aber ich kann die stelle nicht mehr finden. wenn das unterstellte wissen mich betrifft, arbeiten wir an der übertragung.. bindung und abwehr. woher? oder anders gefragt: wie weißt du das? und die analyse sei nichts andres als eine gelenkte paranoia um alte verkennungen zu atomisieren, oder so ähnlich.

  8. da mir immer noch nicht ganz klar geworden ist, wie man gegenüber dingen vampiristische verhältnisse pflegen kann, möchte ich eine fußnote einspeisen, die zwar vom narzissmus handelt, aber wenn ich narzissmus hier einmal als dem vampirismus zumindest nicht gänzlich unähnliche position beschreiben kann (seliger vampir: ZAHNFLEISCHBLUTEN!!!) , dann könnte das vielleicht weiterführen?

    „Der Narzissmus des Ich ist damit, wie Freud es ausdrückt, ein sekundärer, den Objekten entzogener Narzissmus. Er impliziert die Aufteilung des Subjekts in zwei Protagonisten, worin die selbstgenügsame Situation der Autoerotik (ZAHNFLEISCHBLUTEN) weitergeführt wird. Unter diesem Gesichtspunkt ist der primäre Narzissmus Begehren des Einen, das Streben nach selbstgenügsamer und unsterblicher Totalität, deren Voraussetzung, Tod und Negation des Todes in einem (,) die Selbstzeugung ist.“

    André Green: Psychoanalytische Studien zu Lebensnarzissmus und Todesnarzissmus. Gießen 2004.

    wobei: es führt wohl eher weg.. weg.. weg.. weg

  9. Was ist denn Vampyrismus bei Lichte besehen?
    Dinge plus Vampirismus ergeben eine Art Wahrnehmung.
    So von andern Menschen, so von den Dingen selber.
    Wieviel Ding siehst Du im anderen?
    Eine sehr schwierige Frage, nicht wahr?

  10. „Eine Art Wahrnehmung“ ist eine Art Wellington. Also, Regenkluft der Küstenwache.

    Vampirismus aus dem Sarg des Genres zu locken oder zerren ist eine sehr schwierige Aufgabe, wie einen Gedanken aus einem Schmulen zu ziehen, einen Bandwurm aus einer Krankheit, ohne, dass bei irgendeinem Segment der Wurm abbricht, bis er heraußen ist.

    Ein begehrender Vampir und ein fliehender Vampir, sie sind mitnichten mit den selben Mitteln zu … begehen?

    Das Parkett im anderen, man sieht es nicht, man geht nur drauf herum.

  11. Es tritt also ein Ereignis ungenannter Art ein, ein heller Strahl, der alles in einem anderen Licht erglänzen lässt, und flugs ist der Durst, – und was verstehen wir unter Durst? Dazu später – fort, und der Vampir, im Verdacht, selbst auch ein anderer zu werden wie die Umgebung, oder aber abzubleiben, bemüht sich der Großzügigkeit der Nacht nachzueilen, seiner einzigen, seiner liebsten, einzigen Fregatte. Er konnte noch nicht erproben, ob die Fregatte denn auch jeden Tag wiederkehrt. Abwarten, das kann er nicht. Seine Nerven würden ihn töten, bevor die Sonne untergeht.

    Was verstehen wir unter Durst? Bejahung, der man die Konsequenz versagt. Ist Durst großzügig? Ja; er verwirft die ganze Welt, wenn sie kein Wasser hat. Durst aber im metaphorischen Sinn wird hypertroph, wird unersättlich. Sehnsucht, in rauhen Mengen, macht sich aus wie ein immer anwachsendes Fadengewirr, Durst aber wird fett, sein Nutzen steigert sich nicht, er bekommt Liegewunden.

    Gilt es als Stillung des Dursts, wenn das Wasser nicht wie vorgesehen von oben hereiplätschert, sondern von seitlich eingeschleust wird, infusionsbeutelmäßig? Da merkt sich, wie großzügig volatil die Kränkung ist, wie gesund man ohne sie und ohne den Durst, um den man betrogen worden ist, liegt.

  12. Unter dem Licht der Moral besehen, wie hier, findet sich jeder Gedanke im Zwilicht wieder. Halb und halb, aber mit der Lust zu beißen.

  13. Zum Stil sollen die Protagonisten dieses „Diskurses“ sagen!

    „Die freudlose Gasse des Kapitalismus im Jahre 1935“
    „einen der Strände an denen andere zu anderen Zeiten die Geburt der Venus ansiedeln konnten“

    Crevel in der Rede, die seinen Abgang kränzt ( tags zuvor beendet, tags darauf gefunden )

    „Poesie soll von allen gemacht werden, nicht von einem“
    Comte de L.

    Dies zu dem Ereignis von ungenannter, also verschwiegener Art, obenhin.

    Der Stil meint hier nicht allein das Licht, das wechselnde Licht, auch sondern den Schatten, ohne den das Licht ein nacktes, zerzaustes Substantiv wäre. – Wie alles etwa, woran hamsterwütige Fingerchen vor diesem Bildschirm ihre Lust abbüßen?

  14. Die Sonne geht auf und Poesie wird von allen gemacht, nicht von einem. Ich will nicht an diesem Strand liegen! Dann lieber die freudlose Gasse gehen, allein und hungrig und mit fahrigen Füßen. Das sag ich jetzt, es stimmt nicht. Es gibt angenehme Wälder, da will ich hin.

    Zuviel Bezauberung, Feenflügel wie Admiralschmetterlingswandern, die Dinge sind ganz bedeckt. Ekel und Panik. Wo sind die Dinge?

    Die Pfirsiche, das stimmt bedenklich, werden tatsächlich von allen gemacht, von nur einem aber gegessen.

  15. waere dann verdinglichung in jedem fall ein vampiristisches phaenomen? ich bin nicht sicher. denke an das lied, das sehr sehr lange ist, dessen text aber nur aus einer zeile besteht>> „am i wrong to hunger“ >> so geht es dann immer weiter und die antwort kommt nie, aber da die frage immer wieder gestellt wird, koennte man leichthin denken>> wrong? noe. (wenn ihr fragen wollt, kommt ein andermal wieder.. und in der tat>>> das tun sie, sie kommen immer wieder ein andermal wieder und wieder und wieder fragen sie>> „am i wrong to hunger????“…)

  16. Was ist Verdinglichung?

    Ein Wiegen? Ein Nuckeln, ein Einschlafen? Ein nach und nach an die Gesamtoberfläche erinnert werden? Aufgeweckt werden von den Bewegungen der Außenwelt? Anschmiegaufforderung? Gespießtwerden? Der Reichtum einer Reihe. Die Welt erscheint mir in Mußestunden überüberreich, gemäß dem, wie ich hindurchgehe, zu allen Seiten davon.

    Verdinglichung könnte das Verhalten eines Suppenkaspers von Vampir sein, der Hälse von sich wegschiebt. Vager, eine Essstörung diverser Art, Besorgt sich Hälse aus Hunger, aber kann sich im letzten Augenblick nicht dazu überwinden, sie anzuzapfen.

    Aber was ist Verdinglichung wirklich? Eine ganz primitive Vokabelfrage..

  17. Ein Lied, das niemals endet ist ja wie ein Bauch, der nicht platzen will. Er hat einen Komplitzen im Dunkeln. Denkt an die Verdauung!
    Im übrigen ist es egal, was die Verdinglichung ist, solange es keine Verundinglichung ist.

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